Ist Grass ein Antisemit?

6 04 2012

„Masada wird nie mehr fallen“, so lautet sinngemäß der Schwur bei der Vereidigung der Rekruten für die israelische Armee. Das geht auf das jahr 73 n.Chr. zurück, in dem die von ca. 800 Juden bewohnte Festung Masada am Toten Meer von von römischen Legionären eingekesselt und erobert worden war. Mit einer Streitmacht von 15000 Mann bauten die Römer einen Belagerungsring um den Tafelberg und schütteten eine Rampe auf, über die sie Militärgerät und Soldaten heranführten. nach monatelanger Belagerung fanden die römischen Kämpfer nur noch Leichen oben auf dem Hochplateau, die Bewohner haben sich angesichts der bevorstehenden Niederlage selbst getötet.

Dieser Geschichte folgend und aus den Erfahrungen, die die Shoah in das kollektive Gedächtnis der Juden gebrannt hat, hat sich dieses kleine Land am Mittelmeer die stärkste Streitmacht im Nahen Osten erschaffen. Mit knapp 170.000 aktiven Soldaten und 400.000 Reservisten ist jeder fünfte Israeli militärangehörig. Sie alle sind bereit, ihr Land gegen alle Feinde zu verteidigen. Und Feinde hat EretzYisrael genug – rundherum verteilt um das KernLand Israel. Keiner weiß nun wirklich genau, ob Israel über Kernwaffen verfügt und jeder weiß, daß Israel bei der Wahl der Mittel nicht zimperlich ist, wenn es bedroht wird. Der Kampf gegen die Palästinenser, die „Ureinwohner“ der Region war alles andere als fair und er dauert an von der Staatsgründung bis zum heutigen Tag. Die Lage ist verfahren, besonders dank solcher Scharfmacher wie dem derzeitigen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu, der nochdazu Oberbefehlshaber der Armee ist. Gerade Netanyahu hat in den 1990er Jahren für eine Verschärfung der Lage im Nahen Osten gesorgt, indem er die Palästinenser, Araber und alle in Israel wohnenden Muslime piesackte und provozierte und jegliche friedliche Lösung unterband. Und heute steht Netanyahu wieder am Ruder und ist mit seinem Außenminister Lieberman eine äußerst explosive Konstellation. Israel hat nie offiziell bestätigt, daß es über Kernwaffen verfügt, hat es aber auch nie offiziell verneint. Da es seit 1966 im eigenen Land und seit 1977 in Zusammenarbeit mit Südafrika an der Entwicklung von Atombomben arbeitet, ist stark anzunehmen, daß Israel solche Waffen besitzt. Israel ist ein phantastisches Land mit phantastischen Menschen, ein Land, in dem soviel geleistet worden ist, um aus der Wüstenregion eine blühende Landschaft zu machen. Es sind große Pinien – und Zedernwälder aufgeforstet worden, die der Entstehung eines natürlichen Wasserhaushalts dienen. Israel ist ein bewundernswertes Land. Aber auch ich finde, daß nicht alles, was israelische Politiker und Militärs dort anpacken gut und richtig ist. Günter Grass ist ein Meister des gefeilten Wortes und kaum jemand bringt es besser auf den Punkt, was derzeit dort geschieht als er. Und wer angesichts dessen was derzeit in Israel passiert, einmal Roß und Reiter nennt, ist noch lange kein Antisemit. ich halte es für einen Fall von „Schere im Kopf“, wenn jetzt in vorauseilendem Gehorsam, von Liebedienerei zu Israel auf Günter Grass eingeprügelt wird. Die unselige Hitlerei in D-Land liegt fast 67 Jahre zurück und es muß jetzt auch wieder einem Deutschen gestattet sein, die Politik Israels zu kritisieren, ohne daß er gleich als Judenhasser hingestellt wird.  Grass ist bestimmt kein Antisemit. Er ist auch bestimmt kein Nazi. Was er über das Nazitum in D-Land denkt, sagt er doch recht ausführlich in der „Blechtrommel“ und bevor – auch wieder in vorauseilendem Gehorsam – der Stab über Günter Grass gebrochen wird: HIER draufklicken und mal in Ruhe lesen, was er wirklich sagt. In diesem Sinne wünsche ich Euch allen ein gesegnetes Osterfest.