gibt es viele Gleichnisse, unter anderem auch den „Ehe-Hafen“ und ich finde, es ist ein wunderbares Bild, das des Hafens. Dort laufen Schiffe ein und aus, so ein Hafen ist ein geschützter Platz, an dem die Stürme der Welt draußen wenig oder keinen Schaden anrichten.
Warum ich das jetzt schreibe?
Vor genau 5 Jahren habe ich einen solchen Ehe- Hafen verlassen. Eine Geschichte, die so viele Parallelen zum Hafenbetrieb hatte. Dieser Hafen, dieser geschützte Ort vor den Stürmen der Welt wurde über die Jahre immer mehr zum isolierten Ort. Es lagen nur noch wenige Schiffe im Hafen, die nur noch sehr selten hinausfuhren und letztendlich festvertäut nur noch an der KaiKante lagen. Auch die Zahl der von draußen einlaufenden Schiffe wurde immer geringer bis letztendlich gar kein richtiges Schiff mehr kam – ja auch nicht mehr kommen konnte. Denn wenn überhaupt kein Schiffsverkehr mehr stattfindet, versandet über kurz oder lang die Hafeneinfahrt. Es können nur noch kleinere Boote und Schiffe mit wenig Tiefgang einlaufen. Und selbst die kommen eines Tages nicht mehr durch das versandete Fahrwasser. Das war diese, meine Situation an diesem 2. Oktober 2006 und ich hatte mir im Februar des Jahres 2006 innerlich einen Termin bis zum Herbst gesetzt, zu dem eine Entscheidung fällt, die diesen Zustand beendet. Am 18. September 2006 habe ich auch schon auf einem Turm, auf einer Aussichtsplattform eines Hochhauses knapp 60m über Grund gestanden. Zum Verlassen des Turms hab ich aber dann doch lieber das TreppenHaus genutzt und deshalb gibt es mich nun auch noch. Danach war ich noch ein letztes Mal mit Frau und Kind im Urlaub, im Harz. Am Ende des Urlaubs war dann auch das Ende der 18Jahre währenden Zeit erreicht, ich habe endlich eingesehen, daß ich nicht genug geben konnte, daß ich es nicht geschafft habe ohne Kontakte nach außen und nur noch im InnerCircle einer Familie zu leben, in die ich schon lange nicht mehr (oder noch nie) gepaßt habe. In der Nacht zum 2. Oktober eröffnete ich ihr, daß ich gehen werde, daß ich zeitlebens niemanden mehr mit meiner Anwesenheit, meiner Existenz belästigen werde. Am Vormittag habe ich meine wenigen Habseligkeiten zusammengepackt, mich unter Tränen von meinem Sohn verabschiedet und saß 5Minuten vor 12 im Auto und tippte mit zittrigen Fingern eine SMS an einige wenige mir liebe Menschen:
Es ist 5 vor 12. Ich kappe die Festmacherleinen und hole den Anker ein, der in Neubrandenburg nie wieder Grund berühren wird.Die Maschine läuft und ich lege den Regler auf Voraus, nehme Kurs auf meine Hansestadt am Ryck.
Dann fuhr ich los bei hellem Sonnenschein und im Norden brauten sich dunkles Gewölk zusammen, aus dem es rundherum grummelte und donnerte. In Höhe Gützkow hielt ich an, weil ich einfach nicht mehr aus den Augen gucken konnte, die Hände zitterten und ich einfach nicht mehr weiterfahren konnte. Diese Bilder begleiten mich bis nach Greifswald und ich fragte mich, was der Große Meister mir damit wohl sagen will. War es richtig, den Hafen zu verlassen? Wenn man nach langen 18 Jahren einen solchen Hafen mit einer über die Jahre so versandeten Hafeneinfahrt verläßt —- es gibt eine gewaltige Grundberührung, es geht ein mächtiger Ruck durchs Schiff, es schabt und kratzt am Unterwasserschiff, es ächzt und knarzt in den Spanten – und plötzlich herrscht Ruhe, ich stelle die Maschine ab, atme durch, denke an mein jetzt schwer verbeultes Unterwasserschiff — und habe Wasser unterm Kiel, viel Wasser, ganz viel Wasser. Kein Schlick, keine Schlingpflanzen , nur Wasser. Und habe für mich beschlossen, dereinst am Ende meiner Tage auf See zu bleiben, an Land keinen mehr zu stören und da draußen die ewige Ruhe zu finden. In Greifswald angekommen(ich hatte ein kleines Zimmer in der Stadt) standen auch bald meine alten Herrschaften in der Tür, wofür ich ihnen sehr sehr dankbar war und am Abend sagte mir auch der Große Meister, was er davon hielt, daß ich der Heiligen Familie meiner ExFrau den Rücken zuwandte.
Da wußte ich dann auch, daß es einfach an der Zeit war, daß es ganz normal ist, wenn Menschen sich weiterentwickeln, sich gegebenenfalls auch auseinanderleben, sich in unterschiedliche Richtungen weiterbewegen. Leben ist Bewegung, ist Lernen, ist Lehren annehmen, ist ein Weg, dessen weiteren Verlauf nur EINER kennt. So kann ich nach diesen 5 Jahren feststellen: Ich bin noch da, dank auch einiger weniger Menschen, die mir ab und an das Toupet geraderückten und ich darf auch für andere Menschen da sein, darf bei der besten Firma der Welt arbeiten und meine Brötchen verdienen, kann auch weiter für meinen Sohn Feuerschiff sein, und bin dankbar, daß es Menschen gibt, die mich trotz allem noch mögen, daß es EINEN Menschen gibt, der vom RheinLand an die pommersche Küste gezogen ist – nicht nur, aber auch meinetwegen.
Trotz allem…
trotz unterschiedlicher Richtungen…
trotz verschiedenartiger Auffassungen…
trotz unterscheidbarem Bewusstsein…
trotz hörbarer Stille…
trotz spürbarer Sprachlosigkeit…
trotz gefühlter Entfernung
trotz schmerzhafter Traurigkeit
Trotz allem…
habe ich nie aufgehört dich zu mögen 😉
Jeder Weg der eigenen Erkenntnis ist individuell. Und wenn wir eines Tages begreifen, das es nur einen Weg gibt… nämlich den Weg der Liebe, dann werden wir darüber lächeln, was wir alles für Umwege gegangen sind. Doch sie sind nötig um zu wachsen, über sich selbst hinaus und in ein Bewusstsein zu kommen, das keinen Platz mehr hat für die schmerzhaften Dinge dieser Welt.
Ich wünsche dir das du in deinem eigenen Hafen ankommst, wo nur dein Schiff liegt 🙂
Alles Liebe
Beate
Danke, lieber Wolfgang für diesen so persönlichen und so emotionalen Text – und schön, dass du lieber die Treppen wieder runter gestiegen bist. – Die Zukunft hat gezeigt, dass es sich gelohnt hat.
Lieben Gruß von Clara
Lieber Wolfgang,
auch von mir, Danke, dass du da bist. Die Treppe war ganz sicher und ohne Zweifel der bessere Weg. Überlassen wir das fliegen den Vögeln und freuen uns , wenn wir ihnen zusehen können. Ich finde es immer wieder Bemerkenswert, wie du Inhalte verbal verpacken kannst. Mich hat diese Zusammenfassung berührt und gerührt. Ich wünsche dir und Bigi eine zufriedene Zukunft und hoffe auch selber zuweilen ein Teil deines Lebens sein zu dürfen.
Herzliche Grüße von deinem Bruder
*maleinmisch*
…zuweilen ein wichtiger Teil seines Lebens…
nicht dürfen, sondern müssen – weil dafür sind Brüder eigentlich da!
Und meines auch… 😉
*drücks* bigi
Danke, Wolfgang, daß Du diese sehr persönliche Erfahrung mit uns teilst.
Auch mein Ehe – Hafen war versandet, auch ca.nach 18 Jahren.
Weiterentwicklung, Auseinander-Entwicklung …
Wenn ich langjährige Paare sehe, die dauernd hin und her streiten u.ä. – dann denke ich, SO zusammenleben, nein danke.
Alles Liebe DIR /EUCH!
Eva
Wenn nicht für immer, dann wenigstens ewig!
In fünf Tagen ist der Jahrestag der wandernden Bettwäsche, der Sternschnuppe und des kielobenliegenden SchiffchenBöötchens.
Ich wünsche dir von ganzem, ganzem Herzen, dass diese Entscheidung, die du damals gefällt hast, dich auch weiter niemals nienicht daran zweifeln lässt das richtige FÜR DICH getan zu haben. Denn das ist alles was zählt – dass es dir mit deinen Entscheidungen gut geht!
Woher ich das weiß?
Weil ich diese eine besondere Entscheidung, nämlich die nach über 40 Jahren mein Leben noch einmal komplett auf den Kopf zu stellen, bis heute noch nicht eine Minute bereut, sondern sie jede Sekunde geliebt habe – wie ich dich liebe!
Tschülp
dein Spatz
richtige entscheidungen:
den turm über die treppe hinunter zu steigen
den versandeten ehehafen zu verlassen
den glauben an sich und die guten mächte nicht zu verlieren
ein nichtleben gegen ein leben zu tauschen, in dem du geliebt wirst, SO wie DU bist
denn bitteschön, wie kann mensch denn dich nicht lieb haben?
du hast wunderbare menschen an deiner seite
und selbst bist du ein wunderbarer mensch an meiner seite geworden, freundschaft ist mindestens so wichtig, wie eine dich liebende weggefährtin, die dem engen rheintal den rücken zugedreht hat, um mit dir die weiten des pommernlandes zu genießen- ich wünsche euch zwei beiden noch viele stunden der gemeinsamen weitsicht, einsicht und miteinanders und bin dankbar, dass du die treppe genommen hast….
Jede Zeit hat ihren ganz tiefen Sinn – die im Hafen – und die auf hoher, freier See… Wie wundervoll ist das, als freie Seele auf dem Meer des Lebens segeln zu dürfen…
Danke, dass du das Hochhaus über die Treppe wieder verlassen hast!
Herzlichst!
Lieber Wolf(gang),
ich sitze gerade hier und die Emotionen gehen mit mir durch. Erst einmal möchte ich dir sagen, daß es keiner besser versteht, Dinge in Worte zu fassen wie du, das war „damals“ das erste was mir auffiel, als du begonnen hattest, bei bigi zu kommentieren. Danke daß du uns heute hier daran hast teilnehmen lassen, was mal in deiner Vergangenheit gewesen ist. Und nochmal Danke daß du die Stufen des Turmes wieder hinunter gegangen bist.Das Leben ist halt so, daß man sich manchmal voneinander weg bewegt, so sollte es nicht sein, aber es kann. Und dann ist es besser, ganz neu zu beginnen, als sich selbst aufzugeben und zu verlieren.
Du hast den Neufanfang gewagt und geschafft, und ich wünsche dir, daß es so bleibt wie es jetzt ist, und daß du, wenn du mal wieder auf den Turm steigst, es nur der deiner Leuchtturmwärterin ist. Die ebenso wie du und wegen dir den Neuanfang gewagt hat soooo unendlich glücklich ist mit dir. Du hast damals den richtigen Schritt gemacht.
♥liche Grüße und eine Umarmung von hier
Doro
Ja mein lieber Wolfgang,
dein Bruder hat so recht, die Treppe und die Hoffnung …
meiner Meinung nach war sie das wichtigste auf deinem Lebensweg der, egal wohin er dich geführt hat noch noch bringen wird, die Hoffnung hat dir den richtigen Weg gezeigt… 🙂 lächel auch zu uns in den Wald …
Sei umarmt von mari
Vielen lieben Dank Euch allen, die Ihr diese meine Geschichte gesehen und kommentiert habt. Lieben Dank vom Wolf nach Ahlbeck bis Mülheim, Königsbrück bis Essen, Berlin und Greifswald. Seid alle ganz lieb umarmt und wo immer Ihr wohnt, was immer Ihr macht: Paßt auf Euch auf und seid und bleibt behütet.
Es war gut und richtig, die Treppe zu nehmen und sich auf den Weg zu machen. Denn wozu alles hinter sich lassen, wenn danach nichts mehr kommt. Und es kam ja reichlich.
Manchmal muß man wohl unter Schmerzen und mit Zittern gehen, damit etwas Neues beginnen kann.
Und ich denke, nicht nur in Bigi hast Du gefunden, was Dich trägt. Ich und auch Martin, bin jedenfalls froh, das es so gekommen ist, wie es kam. Wie sonst hätten wir Deine wunderbare Gastfreundschaft erleben dürfen, einen wunderbaren Menschen in einer wunderbaren Stadt besuchen können.
Schön, das es Dich gibt und danke, das Du so persönliches mit uns teilst.
Lieber Wolfgang, jetzt bin ich aber gerührt. So einen ganz privaten Einblick gibst Du uns in Dein Leben. Und ich freue mich umso mehr, dass Du da bist, den richtigen Weg nach unten gewählt hast. Ich freue mich, dass Du die Liebe wieder gefunden hast mit bigi. Ich wünsche euch für die gemeinsame Zukunft alles alles Liebe und Gute.
Ich drück Dich einfach mal in Gedanken – bekomme ganz ehrlich feuchte Augen, aber das ist ein schönes Gefühl.
Herzliche Grüße von Kerstin.
Damit hatte ich jetzt nicht gerechnet, als ich anfing, deinen Text „über Häfen und Schiffe“ zu lesen. Lieber Wolfgang: Ich bin froh, dass du damals die Treppe genommen hast … – Um bei deinen Bildern zu bleiben: Egal in welches Schietwetter man gerät und wie hoch die Wellen sich auftürmen, die über einem zusammenbrechen: Es gibt keinen Grund, auch noch über Bord zu springen und sein Leben wegzuwerfen. Es kommen immer auch wieder Zeiten, in denen das Meer friedlich und spiegelglatt in der Sonne glänzt.
Gruß von der Nordseeküste,
juwi